Ein Friedensweg in Aumühle

„80 Jahre Kriegsende – Frieden“ – unter diesem Motto finden seit Anfang April in Aumühle verschiedene Aktionen und Veranstaltungen statt. Eines der Projekte: ein Friedensweg in Aumühle.

In einer beispiellosen Zusammenarbeit haben die Otto-von-Bismarck-Stiftung, die Gemeinde Aumühle und die Kirchengemeinde Aumühle, das Augustinum sowie mehrere interessierte Einzelpersonen aus der Gemeinde die Veranstaltungsreihe mit Vorträgen, Podiumsdiskussionen, Filmvorführungen, einer Gedenkveranstaltung und dem Setzen eines Stolpersteins auf den Weg gebracht, die in dieser Form einmalig ist. Ein toll konzipierter Veranstaltungskalender wurde inzwischen an alle Haushalte verteilt. Impulsgeberin dafür ist Susanne Bornholdt.

Herrscht wieder Frieden im Land?

Friede oder Frieden wird allgemein definiert als in ein heilsamer Zustand der Stille und Ruhe, als die Abwesenheit von Störung oder Beunruhigung und besonders von Krieg. Frieden wäre demnach das Ergebnis von Friedfertigkeit. Doch davon sind wir gefühlt weit entfernt. Woran liegt das, was könnten die Ursachen sein?

Frieden beginnt bei uns, in unserer Partnerschaft, in unserer Familie, vor unserer Haustür, mit unseren Nachbarn, in unserer Kommune, in unseren Städten, in unserer Gesellschaft.

Ein Schlüssel zum Frieden ist die Nächstenliebe. Ein altmodisches Wort, das nicht unbedingt zum aktuellen Wortschatz der jungen Generation gehört. Nächstenliebe ist aber ein zentrales Gebot der christlichen Ethik und wird vielleicht noch heute im Konfirmandenunterricht vermittelt. Dieser Nächste, demzufolge sich Christen uneigennützig zuwenden sollten, kann jeder bedürftige Mensch sein, der sich zum Beispiel in einer Notlage befindet.

Die goldene Regel im Christentum lautet: :…..wie dich selbst“ (siehe 2. Gebot: „Du sollst deinen nächsten lieben wie dich selbst“. Zu finden unter anderem im Neuen Testament Matthäus 22: 37-39 oder im Alten Testament 3. Buch Mose 19, 18). Ganz wichtig dabei: Selbstliebe kommt vor Nächstenliebe. Hier aber beginnt die persönliche Herausforderung, denn Selbstliebe bedeutet auch, das wir uns – trotz der eigenen Unzulänglichkeiten, Schwächen, Fehler und Schattenseiten – akzeptieren. Doch Vorsicht: selbstliebende Menschen stellen sich weder krankhaft selbstbezogen über ihre Mitmenschen, noch leiden sie unter Selbstzweifeln (Buchempfehlung an dieser Stelle: „Die narzisstische Gesellschaft“ von H.J. Maaz in dtv tb).

Selbstliebe befähigt zu Empathie und bezieht andere Menschen mit ein.

Frieden ist mehr als nur Abwesenheit von Krieg

Innerhalb von nur 31 Jahren war Deutschland von 1914 bis 1945 an zwei Weltkriegen nicht nur beteiligt, sondern maßgeblich Kriegstreiber mit über 70 Millionen Toten. Kaum zu verstehen ist, dass eine Kulturnation mit Bach und Beethoven in der Lage war, Nachbarn industriell zu ermorden und sich bis heute schwer tut, dafür die Verantwortung zu übernehmen und Lehren daraus zu ziehen.

So gesehen erleben wir in Deutschland vergleichbar eine friedliche Zeit seit 1945. Doch ist das tatsächlich so? Wenn mit „Frieden“ nur gemeint, die Abwesenheit von Krieg und mit „Krieg“ militärische Auseinandersetzungen auf deutschem Boden, dann mag es stimmen. Allerdings war Deutschland als Natomitglied an mehreren kriegerischen Auseinandersetzungen beteiligt: Jordanien, Irak, Libanon, Südsudan, Mali, Bosnien-Herzogowina und Afghanistan. Hinzu kommen Auslandseinsätze (im Militärsprech „Missionen“ genannt) in Afrika. Es gibt direkte und indirekte Beteiligungen durch Luftaufklärung (AWACS) und Drohnen. Und: Seit 1992 starben rund 119 Bundeswehrangehörige bei Auslandseinsätzen.

Frieden schaffen mit oder ohne Waffen?

Im Zeitraum 1945 bis 2020 wurden weltweit 170 Kriege verzeichnet. Seit 2024 steht Deutschland weltweit an vierter Stelle der Militärausgaben (in Milliarden US-Dollar): USA (997), China (314), Russland (149), Deutschland (89).

Deutsche Waffen – ein Exportschlager

Die deutschen Rüstungsexporte erreichten 2024 mit 13 Milliarden ihren Höchststand. Mehr als die Hälfte der Genehmigungen entfiel auf die Ukraine. Israel erhielt 2024 Waffen im Wert von 326,5 Millionen Euro.

Ausgaben für Rüstung haben oft Kürzungen im Sozialbereich, der Entwicklungshilfe, sowie in den Bereichen Gesundheit, Klimaschutz, Bildung, der finanziellen Absicherung für Menschen mit Krankheiten und Behinderungen zur Folge.

Frage: Muss Deutschland wieder kriegstüchtig werden (Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius 2024)?

In einer ersten Sitzung der „AG Friedensweg in Aumühle“ am 2. Mai 2025 wurden folgende Themen benannt, die Auswirkungen auf ein friedliches Miteinander nicht nur, aber auch in Aumühle haben:

  1. Die ungehemmte und zerstörerische Ausbeutung von Mutter Erde.
    Stichwort: Macht euch die Erde untertan (Genesis 1,28). Der falsch verstandene Auftrag zur Ausbeutung der Erde oder besagt der Begriff, dass Menschen die Erde nutzen und bewahren sollen?
  2. Die wachsende Kluft zwischen Reichen und Armen. So ist das Vermögen aus Einlagen, Aktien und Fonds 2024 auf deutlich mehr als neun Billionen Euro gestiegen (Anzahl der Milliardäre im Jahre 2024: 249; Millionäre 2,82 Millionen).
  3. Das friedliche Miteinander der verschiedenen Kulturen und Religionen fördern und Begegnungen ermöglichen.
  4. 13 Jahre Nationalsozialismus in Aumühle: Auswirkungen auf das soziale Miteinander bis heute. Die Stolpersteine in der Pfingstholzallee und Sachsenwaldstraße

Das nächste Arbeitstreffen der AG Friedensweg ist am 6. Juni – nach dem Verlegen eines weiteren Stolpersteins in Aumühle für den ehemaligen Bürgermeister der Gemeinde Paul Lamp’l. Welche Stationen für den Friedensweg infrage kommen und wie die entsprechenden Themen aufbereitet werden, soll auf den folgenden Treffen besprochen werden. Interessierte sind herzlich willkommen.

ULRICH SCHRÖDER

Weitere Informationen und alle Termine unter: https://www.bismarck-stiftung.de

Buchtipp: „Menschen positiv begegnen – und die Gesellschaft zusammenhalten.“ Von Sven Tönnies. Poikl Press, 2. Auflage 2025