So enstand Aumühle

Sommerfrische in Fürstennähe – so könnte man die Idee beschreiben, die Emil Specht dazu brachte, die Siedlung Aumühle für Hamburger Kaufleute zu gründen, die nahe am gerade pensionierten Fürst von Bismarck in Friedrichsruh sein wollten.

An dieser Stelle erfolgt in loser Abfolge ein Rückblick auf die Geschichte von Aumühle. Ich starte mit der Gründung der Villenkolonie „Sachsenwald-Hofriede“ (1) durch den Hamburger Kaufmann Emil Specht im Jahre 1891. Dessen freundschaftlichen Kontakte zu Otto von Bismarck sowie die zahlreichen Geschäftsbeziehungen zu Hamburger Kaufleuten und Reedern legten den Grundstein für den Bau vieler imposanter Villen in diesem Neubaugebiet von Aumühle. Emil Specht ging dabei mit gutem Beispiel voran und seine Villa in der Bismarckallee 2 wird heute gern für Filme von Produktionsgesellschaften „gemietet“.

Bebauungsplan „Sachsenwald-Hofriede“, den Emil Specht für den geplanten Grundstücksverkauf 1909 anfertigen ließ

Dieser Plan war aus heutiger Sicht eine raffinierte Werbung und sollte kaufkräftige Interessenten aus Hamburg ansprechen. Hier ein paar Auszüge aus dem dazugehörigen Text:

„Die Villenkolonie besteht aus den Forstorten Hofriede, Oberförsterkoppel, Pfingstholz und der Alten Hege. Die Kolonie liegt sehr hoch auf kupiertem Terrain (kupiert bezeichnet hier ein Gelände, das nicht glatt verläuft, sondern steile oder tiefe Kleinformen bis zu einigen Metern Höhenunterschied aufweist – d. Verf.) in gesunder und malerisch schöner Lage an der Bille inmitten des 28,000 Morgen grossen Sachsenwaldes, daher ozonreiche, nervenstärkende reine Waldluft. Alle Strassen sind kanalisiert. Alle Strassen haben Zentral-Wasser-Versorgung mit einwandfreiem Wasser aus Tiefbrunnen.
Alle Strassen sind elektrisch beleuchtet. Bahnhof Aumühle wird Endstation der Vorortsbahn Hamburg-Aumühle und erhält ausserdem Fernverbindung nach der Richtung Berlin.
Die Kolonie hat ein eigenes Postgebäude und Fernsprechamt Aumühle. Die Preise der Bauplätze sind billig und richten sich nach Grösse, Lage und ob mit oder ohne Hochwald bestanden. Alle zum Haushalt nötigen Nahrungsmittel sind in hinreichender Auswahl und guter Qualität in Aumühle und Billenkamp zu haben. Arzt am Platze.“

Sogar am Hauptbahnhof in Hamburg warb ein Wandgemälde für die neue Villenkolonie. Kauflustige hatten die Möglichkeit, vom Bismarckturm, der 1901 fertiggestellt wurde, einen Blick auf die geplante Kolonie zu werfen. Aufgrund der großen Nachfrage reicher Hamburger Reeder und Kaufleute, die,
neben „nervenstärkender reiner Waldluft“, auch die Nähe zum Adel und zur Fürstenfamilie Bismarck suchten, wurden auf drei Grundstücken der Alten Hege und der Bismarckallee Aussichtstürme aus Holz errichtet, damit sich Kaufinteressenten besser entscheiden können, wo in Sachsenwald-Hofriede sie ein Grundstück erwerben.

Die einsetzenden Bautätigkeiten der kommenden Jahre haben zur Folge, dass Handwerker in und um Aumühle viele Aufträge erhalten und weitere Geschäfte im Ort gegründet werden. Aumühle boomt, und auch andere Gruppen möchten von dieser „Goldgräberstimmung“ profitieren. Im nächsten Beitrag finden Sie eine Liste von Geschäften, die bis dahin in Aumühle ansässig waren, sowie eine Übersicht der Geschäftswelt aus dem Jahre 1928.

ULRICH SCHRÖDER

Es gibt zwei Bücher, die ich in diesem Zusammenhang empfehlen kann und die in der Bücherei im Bismarckturm ausgeliehen werden können:
1) Zur Vorgeschichte der Villengründung verweise ich auf einen Aufsatz von Greth Ingel von Tümpling „Die Specht´sche Zeit“ in dem Band: „Aumühle im Sachsenwald“ , Seite 105-115.
2) „Aumühle von Otto Prueß“ enthält auf den Seiten 33-46 eine sehr schöne Beschreibung der Geschichte der Villenkolonie.