Am 6. Juni 2025, dem 133. Geburtstag von Paul Lamp´l, wurde im Rahmen einer würdevollen Feier der 5. Stolperstein in Aumühle gesetzt. Dies geschah unter großer Beteiligung Aumühler EinwohnerInnen, Kommunalpolitiker, einer Landespolitikerin und zahlreicher Familienangehöriger mit Enkeln, sowie einem Ur- und einem Uururkel von Paul Lamp´l. Zu verdanken ist dies dem Aumühler Kulturwissenschaftler Nikolaj Müller-Wusterwitz. Die Patenschaft für den Stolperstein hat Karsten Bornholdt übernommen. Er ist Mitglied der CDU Aumühle und Gemeindevertreter sowie auch Abgeordneter im Kreistag. Der musikalische Rahmen lag in den Händen von Susanne Bornholdt mit dem Aumühler Kirchenchor. Nikolaj Müller-Wusterwitz bezeichnete Paul Lamp´l als aufrechten und unbeirrbaren Sozialdemokraten und erinnerte in seiner Ansprache an das dunkelste Kapitel unserer deutschen Geschichte. Sein Appell lautet: Nie wieder!!

In seiner Ansprache wies Aumühles Bürgermeister Knut Suhk auf die Verdienste von Paul Lamp´l hin und auf dessen Vorbildfunktion, da Lamp’l in der Zeit des Nationalsozialismus die demokratischen Ideale nicht verraten hat und dadurch viele Anfeindungen durch Nationalsozialisten erleben musste. In einer Zeit, in der aktuell eine Partei im Bundestag sitzt, die vom Verfassungsschutz als eindeutig rechtsextrem eingestuft wird, aber trotzdem wachsenden Zuspruch in der Bevölkerung erhält, sollten alle Demokraten die Angriffe gegen die Verfassung gemeinsam bekämpfen und sich am Vorbild Paul Lamp´l orientieren.
Wer war Paul Lamp’l?
Paul wurde am 6. Juni 1892 in Hamburg geboren. Die Familie stammte wohl aus Siebenbürgen, siedelte später nach Schlesien und lebte dann in Hamburg.
Lamp’l heiratete am 21. Mai 1921 Martha (* 17.02.1894 – + 06.04.1975). Sie war eine gebürtige Reimers. Ihr Vater, Theodor Reimers (Jg. 1860), war ebenfalls in der Aumühler Gemeindepolitik tätig und wohnte in der Lindenstraße 21. Paul und Martha haben zwei Kinder: Tochter Maria (* 1922 – + 12.05.2024) und Sohn Hans (*08.05.1925 – + 2023).
Nach einer Maschinenbaulehre war Lamp’l auf großer Fahrt von 1910 bis 1913. Im Ersten Weltkrieg versah er seinen Militärdienst von 1914 bis 1918 bei der Marine. 1915 erhielt er für seine Verdienste den Hanseatenorden. Als Maschinistenmaat wurde er auf der SMS Elbing eingesetzt. Die Elbing war ein kleiner Kreuzer der Kaiserlichen Marine und wurde am 4. 191September 1915 in Dienst gestellt. 1916 nahm er an der Skagerrakschlacht teil, in deren Verlauf die Elbing nach einer Kollision mit einem Schiff schwer beschädigt und am 1. .Juni 1916 auf Befehl des Kommandanten durch Sprengung versenkt wurde. Paul gehörte zu den geretteten Seeleuten.
Den Matrosenaufstand der Heizer in Kiel und Wilhelmshaven, der maßgeblich 1918 zur Beendigung des Ersten Weltkrieges beitrug, hatte Paul Lamp’l begrüßt. 1918 trat er in die SPD ein und sympathisierte zeitweise auch mit dem Freimaurerbund „Zur aufgehenden Sonne“. Das Ziel dieses Bundes war es, freundschaftliche Beziehungen zum Ausland herzustellen, besonders zum „Erzfeind“ Frankreich.
Von 1919 bis 1933 war Paul Lamp´l Angestellter in der städtischen Verwaltung für Handel und Schifffahrt in Hamburg. In Aumühle engagierte er sich von 1924 bis 1933 als Gemeindevertreter der SPD und war auch Mitglied des Kreistages in Ratzeburg.
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiter-Partei (NSDAP) ab 1933 nahmen im Deutschen Reich die Repressalien gegen politische Gegner durch die Schlägertrupps der SA (Sturmabteilung) und SS (Schutzstaffel) der NSDAP zu. Auch die SPD, die 1933 geschlossen gegen das „Ermächtigungsgesetz“ gestimmt hatte, geriet in das Fadenkreuz der NSDAP. Es kam zu massiven Bedrohungen und Anfeindungen gegen alle Andersdenkenden im Deutschen Reich, auch in Aumühle, denn Aumühle war mittlerweile eine Hochburg der Nationalsozialisten geworden.
Um sich und seine Familie zu schützen, nahm Lamp’l 1933 sein Mandat als Gemeindevertreter und Kreistagsabgeordneter nicht an. Im Juni 1933 wurde er von seinem bisherigen Arbeitgeber mit der Begründung entlassen „er würde nicht an NS-Versammlungen teilnehmen und Veranstaltungen der NSDAP in Aumühle und im Herzogtum Lauenburg nicht wahrnehmen“. Ein Überwachungs- und Unterdrückungsnetzwerk, bestehend aus Blockwarten und Zellenleitern, sorgte dafür, das alle „Verfehlungen“ an den Ortsgruppenleiter gemeldet werden mussten. Dieser stand in der Hierarchie über dem Bürgermeister; meistens jedoch wurden diese Ämter in Personalunion ausgeübt. So zum Beispiel auch in Aumühle von Wilhelm Bewersdorff von 1933 bis zu seinem Tod 1943. Dieser leitete dann die Informationen an die Geheime Staatspolizei, die GeStaPo, weiter. Dieses perfide Unterdrückungs- und Bespitzelungssystem verbreitete Angst und Schrecken in der Bevölkerung und hatte unter anderem zur Folge, dass Nachbarn in großer Zahl zu Spitzeln wurden. Diese Form der Denunziation erfasste alle Bereiche (Familien; Schulen; Vereine; Kirchen). In diesem Klima der Angst versuchte Paul Lamp´l, mit seiner Familie zu überleben – trotz regelmäßiger Belästigungen, Schikanen wie Hausdurchsuchungen und Kürzungen bei den Lebensmittelkarten in den Kriegsjahren.
1935 erhielt er eine Anstellung bei der dänischen Lebensmittel-Importfirma Martin Lund in Hamburg (dies sollte später einmal seine Lebensversicherung werden). Denn nach dem gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 begann seitens der GeStaPo eine wilde Jagd auf alle Verdächtigen und Oppositionellen mit reichsweiten Säuberungen und über 10 000 Verhaftungen.
Die GeStaPo in Lauenburg überführte Lamp’l nach seiner Verhaftung am 18. August 1944 in das Lübecker Polizeigefängnis und dann nach Kiel. Am 27. August 1944 musste er eine Strafhaft in dem Vernichtungs- und Tötungslager Neuengamme antreten. Er erhielt die Lagernummer: 433 30. Die Familie war seit der nächtlichen Verhaftung durch den Aumühler Wachtmeister Rink und der Überführung zur GeStaPo nach Lübeck in großer Sorge, weil sie bisher keine Nachrichten von Paul Lamp’l erhalten hatten.
Die vorzeitige Entlassung erfolgte dann überraschend am 15. September 1944 aufgrund einer Intervention seines dänischen Arbeitgebers mit dem Hinweis auf seine „kriegswichtige Rolle“ in der Produktion im Hamburger Hafen. Weiterhin sollen 13 Schweinehälften als Argumentationshilfe zur Freilassung beigetragen haben. Paul musste zudem eine Schweigepflichterklärung über die Zeit seiner vierwöchigen Strafhaft im Vernichtungslager Neuengamme unterschreiben. Ein Verstoß dagegen wäre sein Todesurteil gewesen, denn Zeugen wollten die KZ-Betreiber zu diesem Zeitpunkt nicht, da abzusehen war, das das „tausendjährige Reich“ sich dem Ende näherte.
Nach der Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 8. Mai 1945 schlüpften viele Täter in eine Opferrolle und es schmerzt die Vorstellung, dass die eigenen Eltern, Großeltern oder Verwandte Teil dieser Vernichtungsmaschinerie waren, direkt oder indirekt, und sich oft mit dem Argument nach 1945 herausgeredet haben „wir haben davon nichts gewusst“ oder „so schlimm war das doch gar nicht“.
Paul Lamp´l jedoch engagierte sich nach Kriegsende erneut in der Aumühler Kommunalpolitik. Von der englischen Besatzung wurde er in den kommissarischen Gemeinderat berufen und 1946 zum Bürgermeister gewählt. Darüber hinaus bestellte ihn 1947 die Sonderkommission des Kreisausschusses zum Amtsvorsteher des Amtes Friedrichsruh. Auch die Wahl in den ersten Kreistag nach dem Krieg im Jahre 1946 nahm er an. 1947 zog die Familie in die Sachsenwaldstraße. 33. Von 1955 bis 1966 wurde er als Mitglied in den Kreisausschuss und mehrfach zum Zweiten stellvertretenden Landrat gewählt. Am 19. September 1953 wurde ihm für eine großen kommunalpolitischen Verdienste die Kreisplakette verliehen.
Paul Lamp´l wurde als gradliniger Mensch geachtet und sein Wort hatte in den kommunalen Gremien Gewicht. Häufig trafen sich Kommunalpolitiker aller Parteien im Hause Lamp´l, um bei einer guten Zigarre und einem Glas Bier aktuelle politische Themen zu erörtern.
Paul Lamp´l hat im Kreis Herzogtum Lauenburg und in der Gemeinde Aumühle über die SPD hinaus viel bewegt. Im Jahre 1966 zog er sich aus der Politik zurück, um jüngeren Menschen mit neuen Ideen Platz zu machen.
Am 10. November 1975 stirbt Paul Lamp´l im Alter von 83 Jahren.
Die Fraktion der Aumühler GRÜNEN hat im Juni 2025 einen Antrag in den Gemeindeausschuss für Kultur, Bildung, Sport und Soziales eingebracht mit dem Ziel, dass die Gemeindevertretung Paul Lamp´l posthum die Ehrenbürgerschaft verleiht. Sollte sich in dem Ausschuss dafür eine Mehrheit finden, so geht der Antrag an die Gemeindevertretung und kommt dort zur Abstimmung.
ULRICH SCHRÖDER
Ehrungen und Auszeichnungen für Paul Lamp´l
- 1914: Eisernes Kreuz 2. Klasse
- 1915: Hanseatenkreuz als Auszeichnung für Verdienste im I. Weltkrieg (gemeinsamer Orden der drei Hansestädte Bremen, Hamburg und Lübeck)
- 1953: Verleihung der Lauenburgischen Kreisplakette für Verdienste in der Kommunalpolitik
- 1957: Freiherr von Stein Medaille für Verdienste in der Kommunalpolitik
- 1967: Bundesverdienstkreuz 1. Klasse Ehrenabzeichen des Deutschen Roten Kreuzes